WAR ON IRAK: PROPAGANDA
Spiegel: Saddam, wir kommen
Nie zuvor gab es einen Krieg, in dem mit mehr Aufwand berichtet wurde, Live vom Panzer aus der Wüste und Nonstop. Aber was passiert da, wo keine Kamera läuft? Mehr als da, wo eigentlich nichts passiert? Die Welt erlebt den Live-Krieg, zu sehen bekommt sie wenig.
Mit ein wenig Zappen sieht er jede Minute, wie ihm der Gegner näher auf den Pelz rückt. Live-Bilder, aus voller Fahrt geschossen.
Wo genau die Truppen sich befinden, was sie tun, was sie erreichen, erfährt man aus dem Fernsehen nicht wirklich. Das Pentagon kontrolliert den Newsfluss: Die Korrespondenten erzählen, was man ihnen sagt, oder was sie aus dem örtlichen Fernsehen und über die ebenfalls vom Militär gebrieften Nachrichtenagenturen erfahren. Die so mächtige Medienmaschine schmort im eigenen Saft und hungert nach der Fütterung durch die Militärs. Das weltweite TV-Publikum sitzt derweil vor den ewig gleichen Endlosschlaufen von diffusen Bildern, die Einschläge in der Ferne zeigen, Mündungsfeuer im Dunkeln. Als Gruppen von Irakis sich zu Fuß über die endlos scheinende Ebene nähern, um sich zu ergeben, ist zum Glück das Kamerateam dabei. Sie filmen die Festnahme in Nahaufnahmen. Wir sind Zeugen.
Eigentlich ist das mager: Nie zuvor gab es einen Krieg, in dem mit mehr Aufwand so wenig berichtet wurde, dafür aber Live und Nonstop.
Live-Bilder von der Eroberung der Halbinsel Fau, der Stadt Umm Kasr? Fehlanzeige. Bilder vom Kampf um Basra? Dito. Wo sich was wehrt, läuft keine Live-Kamera. Bilder gibt's später, nachher, nach der Eroberung, nachdem der Cutter dran war. Perfekte Bilder, telegen.
Die Sender überbrücken die quälende, offensichtliche Lücke mit Szenen wie diesen:
Moderatorin an ihren Korrespondenten in Kuwait: "Können Sie uns sagen, wie Sie die Nacht verbracht haben?"
Korrespondent: "Wir haben versucht, endlich wieder einmal zu schlafen. Als die Sirenen heulten, war das nicht einfach. Jetzt kann ich berichten, dass alles wieder ruhig ist."
Oder:
Moderator an einen Korrespondeten im nördlichen Irak: "Haben Sie davon gehört, dass es im Laufe der Nacht Angriffe gegeben haben soll?"
Korrespondent: "Nein, davon habe ich nichts gehört."
Oder:
Moderator an Rüstungsexperten: "Können Sie uns mehr über die Ausrüstung dieser Truppe erzählen?"
Rüstungsexperte: "Einzelheiten kenne ich nicht, aber gerade die Marines sollen sehr gut ausgerüstet sein."
Moderator: "Danke für diese Informationen."
"Ende der Sechziger Jahre erlebten die USA die Macht der Medien mit voller Wucht. Bilder aus Vietnam, geschossen von Korrespondenten, die als wahre Frontschweine mit großem persönlichen Risiko den Krieg nach Hause brachten. An Amerikas Unis begann es zu brodeln, anfänglich kleine Demonstrationen wuchsen sich zu einer gegen den Krieg gerichteten Volksbewegung aus. Amerika, glauben bis heute die Falken im Pentagon, verlor den Krieg auch an der Heimatfront. "
"Der Qualität der Bilder tat das keinen Abbruch. Ölverschmierte Kormorane, made in Kanada, erlebten ihre virtuelle Umsiedlung nicht mehr. Sie waren seit Jahren tot, als die Bilder ihres Leidens als Beweis für eine vom Hussein-Regime verursachte Ölpest weltweit über die Bildschirme flimmerten. CNN-Reporter bestätigten live die
erst viel später widerlegte Mär von den intelligenten Bomben. Lügende Zeugen heizten die Stimmung weiter an, indem sie tränenüberströmt von Babymorden erzählten."
Die medial vermittelte Realität dieses elektronischen Kaspertheaters ist trügerisch. Rasen die Jeeps wirklich über die irakische Ebene? Feuern die Panzer scharf, oder wurden die Bilder vielleicht vor Wochen bei Übungen in Kuwait aufgenommen? Ducken sich die Soldaten mit ihren Gasmasken wirklich in die Gräben, weil Scuds anfliegen, oder für die Kameras? War es Glück, dass die Raketen fernab aller Ziele den Sand aufwühlten, oder wühlte da gar nichts
Immer wieder einmal sieht man ihre Action-Bilder auf dem Fernsehschirm: Die wirken merklich pixeliger, Handycam lässt grüßen. Ähnliche Bildqualitäten kennen P2P-Nutzer von den raubkopierten, hoch komprimierten Kinofilmen, die sie aus den Tauschbörsen ziehen. Kleine Dateien verschlechtern die Bildqualität, aber dann passen sie besser durch dünne Daten-Pipelines.
Wo endet NBC, wo beginnt das AVI-MPEG-TV von Army Incorporated?
"DON'T BELIEVE THE HYPE"
Friday, March 21, 2003
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