Wednesday, April 16, 2003

USA

Heise: Operettenimperialismus

Allenthalben hört man von der unendlichen Überlegenheit der USA, von ihrer ökonomischen Übermacht, ihrer waffentechnischen Einzigartigkeit, ihren unendlichen Ressourcen. An einem beliebigen TV-Abend hört man dieses Mantra mindestens ein dutzendmal, teilweise drei- viermal kurz hintereinander. Im scharfen Kontrast zur angeblichen Allmacht der USA stand das Vorspiel zum Irak-Krieg im UN-Sicherheitsrat: Die USA und Großbritannien standen allein. Mexiko, Chile und Deutschland sagten nein, selbst politische und wirtschaftliche Zwerge wie Angola muckten auf und zum Schluss verweigerte gar die Türkei die Gefolgschaft. Und auch jetzt geht das Gezerre in der UNO munter weiter. Zwei Fragen drängen sich auf: Sind die USA wirklich so mächtig? Braucht die Welt diese Macht überhaupt?

Emmanuell Todd, französischer Demograf und Historiker, der in einer Studie schon 1976 den Untergang der Sowjetunion vorhergesehen hat, beantwortet in seinem Essay "Weltmacht USA. Ein Nachruf", beide Fragen mit einem klaren Nein. Das Buch wurde bisher schon in 11 Sprachen übersetzt und hat eine lebhafte Debatte ausgelöst. Unter anderem auf der webpage der schweizer Wochenzeitung WOZ.

Die USA befinden sich wirtschaftlich in einer Situation zunehmender Schwäche. Todd begründet dies mit dem schon vielfach diskutiertem Fakt des immensen Außenhandelsdefizits. Dieses Defizit wird in der deutschen linken Debatte gerne als Menetekel des bald bevorstehenden endgültigen Zusammenbruchs des Kapitalismus angesehen, Todd interpretiert es jedoch auf eine neue und theoretisch interessante Weise.

Die deutschen Lohnstückkosten sinken mit geringen Schwankungen, seit 1993 kontinuierlich, die Folge der stetig steigenden Produktivität und der stagnierenden Löhne. Das Resultat ist der deutsche Exportboom und der deutsche Kaufkraftschwund.. Die US-Lohnstückkosten dagegen steigen im gleichen Zeitraum, ihre Produkte sind auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig.
Als Folge bleibt das Wachstum der industriellen Güterproduktion der USA seit Mitte der 1980er Jahre hinter den anderen Branchen, insbesondere Handel, Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen weit zurück

Im gleichen Maße wächst das Handelsbilanzdefizit. Es hat im letzten Jahr die astronomische Summe von 500 Milliarden $ pro Jahr angenommen.

Diesen Daten entspricht auch die Alltagserfahrung: Computer stammen aus Taiwan. Werkzeugmaschinen und Autos stammen aus Deutschland. Roboter stammen aus Japan.

Einzig in dem schmalen Segment der CPUs halten die USA noch ein Monopol und auch Microsoft behauptet sich noch im Markt der Betriebssysteme und Bürosoftware, obgleich bedroht von Linux und Konsorten. Ansonsten kämpfen die USA um ihre Pfründe aus vergangenen Zeiten, um Urheberrechte und Patente. Der amerikanische Kapitalismus ist auf dem Weg in den Rentierkapitalismus. Die USA haben ihre Produktion ausgelagert, damit aber haben sie auch ihren Entwicklungsvorsprung verloren.

Die USA haben ihre Überlegenheit auf dem Hightech-Sektor nicht kampflos aufgegeben, sie haben alles, was ihnen möglich war, versucht: Geheimhaltung, Exportbeschränkungen, Industriespionage. Es hat alles nichts genutzt. Grund war vermutlich, neben rein ökonomischen Faktoren, ein kultureller Faktor.

"Ökonomie" ist nach unserer Überzeugung keine ontologische Wesenheit, die man aus sich selbst heraus begreifen könnte, sondern bestenfalls eine Betrachtungsweise mit begrenzter Aussagekraft. In das tatsächliche Wirtschaften gehen politische, mentale, demografische etc. Faktoren mindestens gleichgewichtig ein.

WOZ Debatte: Die Burg zieht die Zugbrücke hoch
Der Krieg im Irak ist für die USA nur ein Vorspiel. Ihr Ziel ist der Weltbürgerkrieg einer globalisierten Elite gegen den Rest der Menschheit. Aristokratische Herrschaftsformen des Altertums sind das Modell.

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